Fett  Teil 6

Das Fett in der Praxis

Wie soll man nun mit dem Fett in der gesunden Ernährung praktisch umgehen? Heute wissen wir, dass es nicht auf die Menge, sondern vielmehr auf die Art der Fette ankommt. Ich nenne dir gesunde Fette, von denen du richtig viel essen kannst, und schlechte Fette, die du besser meiden solltest. Außerdem versuche ich die Rolle der gesättigten Fettsäuren so gut einzuschätzen, wie es derzeit möglich ist. Dazu lasse ich wie immer auch führende Experten zu Wort kommen. Zum Schluss fasse ich dir noch einmal die großen sieben Hauptursachen für Herzkrankheiten zusammen, die du unbedingt meiden solltest.

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Zum Abschluss der Fettreihe fassen wir noch einmal die wichtigsten Fakten zusammen. Außerdem nehmen wir eine genaue gesundheitliche Bewertung der einzelnen Fettsäuren vor. Lass uns dazu mit diesem sehr gut gemachten Radiobeitrag des Bayerischen Rundfunks einsteigen.

Hier kannst du noch einmal alles wiederholen, was du inzwischen über Fette weißt. Es geht um die Wirkung der einzelnen Fettsäuren, um den Cholesterin-Krimi und die Irrtümer der frühen Ernährungsforscher, sowie um die aktuelle Neubewertung der Fette und auch um das Umdenken in der Medizin, das zur Zeit stattfindet.

Fette - Besser als ihr Ruf

von IQ - Wissenschaft und Forschung (24:43 Min.|22,9 MB)

Es bleibt also zu hoffen, dass die neuen Erkenntnisse endlich in den Ernährungsempfehlungen umgesetzt werden. Denn der Druck auf die Fachgesellschaften wächst und ich beneide sie dabei auch nicht um ihre Aufgabe.

Im grunde müsste man heute vor raffinierten Kohlenhydraten und Zucker genauso konsequent warnen, wie man es damals mit dem Fett und den gesättigten Fettsäuren getan hat. Doch damit würde man der ganzen modernen, industriellen Lebensmittelwelt den Boden unter den Füßen wegziehen. Man kann sich leicht vorstellen, auf wieviel Begeisterung das stößt.

Außerdem wird die Politik unter Druck gesetzt und zu unpopulären Maßnahmen gezwungen. Ich erinnere dabei nur an die aktuelle Diskussion um die Besteuerung von zuckerreichen Getränken. Solche Themen fasst man nur ungerne an, weil sie für viel Ärger beim Wähler und in der Wirtschaft sorgen können. Letzten Endes bleibt uns oft nichts anderes übrig, als unsere eigenen aufgeklärten Entscheidungen zu treffen.

Fettarm war gestern!

In den großen Langzeitstudien, wie zum Beispiel in der Nurses’ Health Study und ihrer Folgestudien, die seit über 40 Jahren laufen, konnte man keinen Vorteil der fettarmen Ernährung feststellen. Sie schützt weder vor Herzkrankheiten, noch vor Übergewicht oder Stoffwechselkrankheiten, wie dem Diabetes.

In den USA wurden im Jahr 2006 die Ergebnisse der bis dahin teuersten Gesundheitsstudie aller Zeiten veröffentlicht. Die sogenannte Women’s Health Initiative startete mit knapp 50.000 Teilnehmerinnen. Sie wurde nach den höchsten wissenschaftlichen Standards durchgeführt und kostete zum Schluss rund 2 Milliarden US-Dollar. Es sollte die Studie werden, die alle anderen Studien beendet!

Auch der Gesundheitswert der fettarmen Ernährung wurde auf die Probe gestellt und sollte ein für alle Mal bestätigt werden. Dazu bildete man unter den Teilnehmerinnen eine Gruppe von rund 20.000 Frauen, die einer fettarmen Ernährung gemäß den gültigen Empfehlungen folgen sollten.

Nach 5 bis 7 Jahren kamen dann die Ergebnisse rein, die für große Aufruhr in der Ernährungswelt sorgten. Denn man konnte keinen gesundheitlichen Vorteil der fettarmen Ernährung feststellen! Im Vergleich zur Kontrollgruppe machte die fettarme Ernährung keinen Unterschied bei Herzkrankheiten, Diabetes, Krebs oder Übergewicht. 

Diese Studie wird auch heute noch viel zitiert. Fairerweise muss man aber auch dazu sagen, dass die Ergebnisse hinterher teilweise für ungültig erklärt wurden. Daher wurden auch keine Konsequenzen daraus gezogen und die Ernährungswelt konnte wieder aufatmen.

Die Blutwerte vieler Frauen, die sich jahrelang fettarm ernähren sollten, machten nämlich nicht viel Sinn. Der Verdacht lag nahe, dass sie sich nicht konsequent an die fettarme Ernährung gehalten hatten. Daher verloren ihre Daten auch an Aussagekraft.

Also haben wir aus der Women’s Health Initiative gelernt, dass die fettarme Ernährung entweder keinen gesundheitlichen Vorteil bringt, oder dass es den meisten Menschen im realen Leben anscheinend sehr schwer fällt, eine fettarme Ernährung auf Dauer durchzuhalten.

Heute wissen wir glücklicherweise mit großer Sicherheit, dass dies auch gar nicht notwendig ist. Es kommt nicht auf die Gesamtmenge von Fett an, sondern vielmehr auf die Art der Fette, die wir essen.

Übrigens gibt es trotzdem Fälle, in denen eine fettarme Ernährung Sinn machen kann und auch notwendig wird. Zu den häufigsten Operationen, die in Deutschland durchgeführt werden, zählt die Entfernung der Gallenblase, in der Regel aufgrund von Gallensteinen. In der Gallenblase wird die Gallenflüssigkeit gesammelt, welche in der Leber gebildet wird. Die Gallenflüssigkeit wird gebraucht, um das Nahrungsfett im Darm zu emulgieren und verdaulich zu machen. Daher wird die Gallenblase erst dann gezielt entleert, wenn wir etwas essen.

Wenn einem Menschen nun die Gallenblase fehlt, tröpfelt die Gallenflüssigkeit eher stetig und unkontrolliert in den Darm. Eine größere Menge an Nahrungsfett kann oft nicht mehr vollständig verdaut werden. Das kann zu unangenehmen Darmbeschwerden führen. Hier kann es also Sinn machen, die Fettzufuhr einzuschränken.

Außerdem gibt es auch noch eine ganze Reihe an Stoffwechselstörungen, die eher selten und genetisch bedingt sind, bei denen eine fettarme Ernährung notwendig wird. Darüber hinaus ist man auch in vielen alternativen Ernährungsformen weiter von den gesundheitlichen Vorteilen einer streng fettarmen Ernährung überzeugt.

Eine fettarme Ernährung ist zwangsläufig immer eine kohlenhydratreiche Ernährung. Auch diese kann gesund sein, wenn man für ausreichend Bewegung sorgt, ein normales Körpergewicht hält und die Kohlenhydrate in Form von ballaststoffreichen, natürlichen Lebensmitteln aufnimmt. Dagegen sollte man größere Mengen an raffinierter Stärke und Zucker unbedingt meiden. Sie sind in keinem Fall gesund und wirken sich letzten Endes sehr ungünstig auf die Blutfettwerte aus.

Gute Fette

Die renommierte Harvard School of Public Health gibt schon seit längerer Zeit eigene Ernährungsempfehlungen heraus. Sie werden aus der tatsächlichen wissenschaftlichen Faktenlage abgeleitet. Dabei kann man sich auch auf die eigenen Langzeitstudien, wie die Nurses’ Health Study, berufen. Daher wird hier auch nicht zu einer fettarmen Ernährung aufgefordert. Aber auf die Art des Fettes kommt es an!

Hier sind fünf gesunde Fettquellen, die du bedenkenlos essen kannst, und die von der Harvard School of Public Health besonders empfohlen werden: Olivenöl, Avocados, fettreiche Seefische, Nüsse und Samen.

Das Olivenöl und die Avocado bestehen zum allergrößten Teil aus einfach ungesättigten Fettsäuren. Diese wirken sich sehr günstig auf die Cholesterin- und Blutfettwerte aus. Gleichzeitig stören sie auch nicht die Balance der Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren.

Ein gutes natives Olivenöl aus kalter, mechanischer Pressung enthält darüber hinaus noch viele sekundäre Pflanzenstoffe, welche ihm nicht nur Farbe, Geschmack und Aroma geben, sondern auch viele positive Wirkungen auf unsere Gesundheit haben. Insbesondere die Polyphenole im Olivenöl wirken antioxidativ und entzündungshemmend.

Die fettreichen Seefische besitzen einen hohen Anteil an Omega-3 Fettsäuren, die in der typisch westlichen Ernährung oft viel zu kurz kommen. Stattdessen enthält diese oft einen Überschuss an Omega-6 Fettsäuren, die eine entzündungsfördernde Wirkung im Körper entfalten. Man sollte nicht vergessen, dass auch die Arteriosklerose letzten Endes ein entzündlicher Vorgang ist! Die Eicosanoide, die aus Omega-3 Fettsäuren gebildet werden, wirken der Arteriosklerose stattdessen an vielen Stellen entgegen.

Auch über die Nüsse gibt es nur Positives zu berichten. Sie bestehen zum größten Teil aus ungesättigten Fettsäuren und verbessern viele Blutwerte. Darüber hinaus enthalten auch sie eine ganze Menge an interessanten Sekundärstoffen mit gesundheitlicher Schutzwirkung. Inzwischen gibt es eine Fülle von Studien, die das belegen. Übrigens besitzt die Walnuss den höchsten Anteil an Omega-3 Fettsäuren.

Und schließlich gibt es auch noch viele Samen, die wertvolle Fettquellen darstellen. Vor allem die Leinsamen und die Chiasamen haben dabei einen besonders hohen Gehalt an Omega-3 Fettsäuren und können die Ernährung ergänzen.

Darüberhinaus empfiehlt sich die Einnahme eines guten Fisch- oder Algenöls, um eine optimale Zufuhr von höherkettigen Omega-3 Fettsäuren (EPA und DHA) zu gewährleisten. Das hatten wir bereits ausführlich im Artikel zu den essenziellen Fettsäuren besprochen.

Schlechte Fette

Die moderne Ernährung ist in der Regel sehr reich an Omega-6 Fettsäuren, während Omega-3 Fettsäuren viel zu kurz kommen. Die größte Quelle für Omega-6 Fettsäuren sind die raffinierten Pflanzenöle, wie zum Beispiel das Sonnenblumenöl, das Sojaöl und das Maiskeimöl. Diese Industrieöle werden nicht nur als Speiseöle in den Handel gebracht, sondern auch in den meisten Fertigprodukten weiterverarbeitet oder zur Margarineherstellung eingesetzt.

Wenn diese Pflanzenöle dann auch noch industriell gehärtet werden, können trans-Fettsäuren entstehen. Die trans-Fettsäuren sind das einzige Fett, bei dem die gesundheitsschädliche Wirkung auch tatsächlich belegt ist.

Sie erhöhen den Gesamtcholesterinspiegel, wobei das LDL-Cholesterin steigt und das HDL-Cholesterin sinkt. Im Stoffwechsel blockieren die trans-Fettsäuren das Enzymsystem, dass für den Aufbau der essenziellen Fettsäuren benötigt wird. Darüber hinaus lagern sie sich an verschiedenen Orten im Körper ab, weil sie oft nicht vollständig abgebaut werden können. Sie sammeln sich zum Beispiel im Fettgewebe, in der Leber, in Blutgefäßwänden und am Herzen an. Damit fördern sie Übergewicht, Leberverfettung und Herzkreislauferkrankungen. Wenn eine stillende Mutter trans-Fettsäuren über die Nahrung aufnimmt, steigt in gleichem Maße der trans-Fettgehalt der Muttermilch. Bei Kindern kann es dadurch zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen kommen.

In einigen europäischen Ländern hat man daher die trans-Fettsäuren schon längst verboten und aus den Lebensmitteln verbannt. Dagegen müssen sie in Deutschland nicht einmal auf der Verpackung angegeben werden. Wenigstens ist man in der Lebensmittelindustrie trotzdem bemüht, den Gehalt an trans-Fettsäuren so weit wie möglich zu senken. Dazu hat man vor allem die technischen Verfahren der Fetthärtung deutlich verbessert.

Hier sind einige Produkte, in denen heute noch die größten Mengen an trans-Fettsäuren zu finden sind: Billige Süßwaren, Industriebackwaren, wie Kekse, Croissants oder Muffins, minderwertige Margarinen, viele Fertigprodukte, wie abgepacktes Popcorn, und Fast Food (vor allem frittierte Produkte).

Übrigens kommen auch im Milchfett ungesättigte Fettsäuren vor, die eine trans-Stellung ihrer Doppelbindung aufweisen. Allerdings scheint von ihnen keine gesundheitliche Gefahr auszugehen. Die schädlichen Eigenschaften konnte man bisher nur den künstlichen trans-Fettsäuren nachweisen, die bei der industriellen Fetthärtung entstehen.

Gesättigte Fette

Die Diskussion um die gesättigten Fettsäuren ist im vollem Gange und wir haben noch sehr viel mehr über sie zu lernen. Streng genommen darf man sie auch nicht alle in einen Topf werfen und müsste jede gesättigte Fettsäure einzeln bewerten.

In der Nahrung kommen weit über 20 gesättigte Fettsäuren vor, die kurz-, mittel- oder langkettig sein können. Tatsächlich sind davon nur drei Fettsäuren dazu in der Lage, den Cholesterinspiegel überhaupt zu erhöhen: Die Laurinsäure (12 C-Atome lang), die Myristinsäure (14 C-Atome lang) und die Palmitinsäure (16 C-Atome lang).

Aus diesen drei Fettsäuren setzt sich das meiste gesättigte Fett in tierischen Lebensmitteln zusammen. Allerdings erhöhen die Laurinsäure und die Myristinsäure das gute HDL-Cholesterin stärker als das LDL-Cholesterin. Nur die Palmitinsäure lässt das LDL-Cholesterin höher ansteigen.

Den höchsten Gehalt an Palmitinsäure hat das tropische Palmöl (über 40 %), welches aus der Ölpalme gewonnen wird und dem die Fettsäure ihren Namen verdankt. Das Milchfett, Rinderfett und Schweinefett bestehen zu etwa einem Viertel aus Palmitinsäure.

Übrigens können auch wir selbst eine große Quelle für Palmitinsäure sein. Wir haben in diesem Kurs schon oft über das Problem der Fettneubildung (de-novo Lipogenese) in der Leber gesprochen. Wenn die Leber mit einem Überangebot an Kohlenhydraten oder Alkohol überfordert wird, dann stellt sie daraus neues Fett her. Die Fettsäure, die dabei entsteht, ist keine andere als die Palmitinsäure!

Das gesättigte Fett in tierischen Lebensmitteln kann unseren Cholesterinspiegel also leicht anheben. Dabei steigt sowohl das LDL-Cholesterin, als auch das schützende HDL-Cholesterin. Das Verhältnis zwischen LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin gehört zu den aussagekräftigsten Risikofaktoren, den wir heute kennen. Und dieses wird durch die gesättigten Fettsäuren nicht verschlechtert, weil LDL und HDL gleichermaßen ansteigen.

Das mag der Grund sein, warum man die gesättigten Fettsäuren letzten Endes nie als das entscheidende Problem in der Ernährung bestätigen konnte. Auch in großen Langzeitstudien und Metaanalysen, zeigt sich nur ein sehr schwacher Zusammenhang mit Herzkrankheiten. Dazu noch einmal Professor Walter Willett:

“Saturated fat interestingly is not nearly the terrible villain, that many people had made it to be. It does increase LDL, the bad cholesterol, but it also increases HDL, the good cholesterol. So when you look at the ratio of LDL to HDL, saturated fat is really about the same as carbohydrate.”

Professor Walter Willett

Professor of Epidemiology and Nutrition at Harvard T.H. Chan School of Public Health and Professor of Medicine at Harvard Medical School

Übersetzung: “Interessanterweise ist das gesättigte Fett nicht einmal ansatzweise der schreckliche Übeltäter, zu dem es von vielen Leuten gemacht wurde. Es erhöht zwar das schlechte LDL-Cholesterin, aber auch das gute HDL-Cholesterin. Wenn man sich das Verhältnis von LDL zu HDL anschaut, wirken sich gesättigte Fette auf gleiche Weise darauf aus, wie die Kohlenhydrate.”

Was bedeutet das nun konkret für die Ernährung? Kann man also gefahrlos so viel gesättigtes Fett essen, wie man möchte? Es könnte gut sein, dass wir in einigen Jahren zu diesem Ergebnis kommen. Es erscheinen immer mehr Studien, welche die gesättigten Fettsäuren weiter entlasten. Doch zu diesem Zeitpunkt würde das den meisten Forschern noch deutlich zu weit gehen.

Im Grunde haben wir bis jetzt nur gesicherte Daten darüber, was passiert, wenn man gesättigte Fette mit anderen Nährstoffen austauscht. Denn wenn man auf der einen Seite gesättigtes Fett in der Ernährung reduziert, muss man auf der anderen Seite von irgendetwas anderem mehr essen. Dazu noch einmal Professor Willett:

“The effect of saturated fat depends totally on what you comparing it to. If you replace saturated fat with trans-fat, that’s gonna be worse and you increase risk of heart disease.

If you replace it with carbohydrates, it’s about an even swap, but it depends on what form of carbohydrates. If you replace saturated fat with refined starch and sugar, that’s probably gonna be worse. But if you replace it with whole grains, it would be somewhat better.

Most importantly: If you replace saturated fat with unsaturated fats, then that’s where you really reduce risk of heart disease.”

Professor Walter Willett

Professor of Epidemiology and Nutrition at Harvard T.H. Chan School of Public Health and Professor of Medicine at Harvard Medical School

Übersetzung: “Die Wirkung von gesättigten Fetten hängt völlig davon ab, mit was man sie genau vergleicht. Wenn man gesättigtes Fett durch trans-Fette ersetzt, dann wäre das sehr übel und das Risiko für Herzkrankheiten steigt.

Wenn man es durch Kohlenhydrate ersetzt, sieht man keinen großen Unterschied. Aber es kommt auch auf die Art der Kohlenhydrate an: Wenn man gesättigtes Fett durch raffinierte Stärke und Zucker ersetzt, verschlechtert sich das Risiko. Wenn man es aber durch Vollkorngetreide ersetzt, würde es sich etwas verbessern.

Am wichtigsten ist aber folgendes: Wenn man gesättigtes Fett durch ungesättigtes Fett ersetzt, dann beginnt man wirklich damit, sein Risiko für Herzkrankheiten zu senken.”

Schauen wir uns noch einmal die tierischen Lebensmittel mit dem höchsten Anteil an gesättigten Fettsäuren im einzelnen an. Das sind vor allem das Milchfett, rotes Fleisch und in geringerer Menge auch die Hühnereier.

Das Milchfett ist ein äußerst komplex zusammengesetztes Fett, das aus über 400 Fettsäuren besteht. Wir sind gerade dabei, eine Menge über die gesundheitliche Wirkung des Milchfettes zu lernen. So sind in den letzten Jahren mehrere sehr gute Studien erschienen, in denen das Milchfett das Diabetesrisiko um bis zu 50 % reduzieren konnte!

Es gibt verschiedene Überlegungen, woran das liegen könnte. Möglicherweise beeinflusst das Milchfett den Stoffwechsel auf eine besonders günstige Weise. Vielleicht sind es auch die probiotischen Milchprodukte, wie Naturjoghurt, Kefir und gereifter Käse, welche sich besonders gut auf die Darmflora auswirken. Und schließlich kann auch die Darmflora auf den Stoffwechsel und die Insulinempfindlichkeit des Körpers großen Einfluss nehmen.

Von daher sehe ich kein Problem darin, die Ernährung mit guten vollfetten Milchprodukten in Maßen zu ergänzen. Außerdem wird sie durch sahnigen Joghurt, etwas Butter oder würzigen Parmesankäse so viel geschmackvoller! Auf der anderen Seite kann man sich dafür gesüßte Milchgetränke, gezuckerten Fruchtjoghurt und billigen Industriekäse sparen.

Rote Fleischsorten, wie Rind, Schwein und Lamm, sind die nächste große Quelle für gesättigte Fettsäuren. Über ihre gesundheitliche Einschätzung wird sich viel gestritten und auch die Studienlage ist nicht immer eindeutig. 

Ein hoher Verzehr von stark verarbeiteten Fleischprodukten scheint auf dem ersten Blick mit einem höheren Risiko für Herzkrankheiten, Diabetes und Darmkrebs verbunden zu sein. Dagegen sieht die Bewertung von unverarbeitetem Fleisch schon besser aus. Dazu Professor Dariush Mozaffarian:

“If you look at people who eat unprocessed red meat, there is a relatively weak association with heart disease. It’s not protective and healthier dietary choices exist, but major harms are also not seen. Processed red meats, like bacon, sausage or salami, are associated with much higher risk of heart disease.

Professor Dariush Mozaffarian

Professor of Nutrition at Tufts University. Dean of the Tufts Friedman School of Nutrition Science & Policy.

Übersetzung: “Für unverarbeitetes rotes Fleisch besteht nur ein relativ schwacher Zusammenhang mit Herzkrankheiten. Es hat keine schützende Wirkung und es gibt sicherlich gesündere Dinge, die man essen kann. Andererseits kann man auch keine große Schadwirkung feststellen. Dagegen sind aber stark verarbeitete Fleischprodukte, wie Speck, Würstchen oder Salami, mit einem deutlich höheren Risiko für Herzkrankheiten verbunden.

Übrigens basieren alle diese Aussagen auf sogenannten epidemiologischen Studien. Bei diesen Studien untersucht man möglichst große Bevölkerungsgruppen über viele Jahre. Dabei erhebt man eine Menge Daten und sucht anschließend darin nach Zusammenhängen. Dies kann manchmal sehr aufschlussreich sein, aber auch häufig zu falschen Ergebnissen führen, wenn man nicht die richtigen Fragen stellt.

Ein Beispiel: Man war lange Zeit davon überzeugt, dass hoher Kaffeekonsum das Krebsrisiko erhöht. Denn man hatte festgestellt, das starke Kaffeetrinker sehr viel häufiger eine Krebserkrankung entwickeln, als Menschen, die gar keinen Kaffee trinken. Wie sich dann aber später herausstellt, hatte dies gar nichts mit dem Kaffee selbst zu tun. Denn unter den Kaffeetrinkern gab es einfach nur sehr viel mehr Zigarettenraucher! Nachdem man dann diesen Störfaktor herausgenommen hatte, und nur noch die Nichtraucher untereinander verglich, konnte man auch kein höheres Krebsrisiko durch Kaffee mehr feststellen.

Das gleiche Problem haben wir bei Studien, welche den langfristigen Effekt von Fleischkonsum auf die Gesundheit untersuchen wollen. Hier vergleicht man in der Regel die Durchschnittsbevölkerung mit Vegetariern, welche ja bekanntlich auf Fleisch verzichten. In solchen Studien schneiden die Vegetarier gesundheitlich meistens deutlich besser ab. Daraus schlussfolgert man dann, dass es uns allen mit einer vegetarischen Ernährung viel besser ginge und wir Fleisch möglichst meiden sollten.

Allerdings kann man sich auch hier nicht sicher sein, was wirklich untersucht wurde. Denn Vegetarier essen eben nicht nur kein Fleisch, sondern sind in der Regel auch sehr gesundheitsbewusst lebende Menschen! Sie essen mehr Gemüse, greifen eher zu natürlichen Lebensmitteln, meiden ungesunde Fertigprodukte, treiben mehr Sport, trinken weniger Alkohol, sind meistens Nichtraucher usw. Würde man sie mit ähnlich gesund lebenden Fleischessern vergleichen, wären die Vorteile der vegetarischen Ernährung nicht mehr so eindeutig.

Das Fett des Hühnereis besteht eigentlich zum überwiegendem Teil aus ungesättigten Fettsäuren. Früher stand es eher wegen seines hohen Cholesteringehaltes in der Kritik und galt als die sprichwörtliche “Cholesterinbombe”.

Mittlerweile ist jedoch klar, dass das Nahrungscholesterin keinen großen Einfluss auf den Cholesteringehaltes des Blutes nimmt. Im Normalfall kann unser Körper seinen Cholesterinstoffwechsel nämlich sehr gut selbst regulieren. In den aktuellen Dietary Guidelines von 2015 hat man daher auch die grundsätzliche Warnung vor dem Nahrungscholesterin endlich aufgegeben.

Andererseits sollte man das Nahrungscholesterin auch in nicht in exzessiver Menge zuführen. Das könnte die körpereigene Regulation womöglich überfordern. Wir haben hier einfach noch sehr viel zu lernen, bevor man sichere und endgültige Antworten geben kann. Möglicherweise spielen hier auch genetische und individuelle Unterschiede eine Rolle.

Die Harvard School of Public Health hält es auf jeden Fall für völlig unbedenklich ein Hühnerei am Tag zu essen (bzw. sieben Eier pro Woche). Nachdem man die gesamte Studienlage zum Thema Hühnereier ausgewertet und zusammengefasst hatte, konnte man keinen Anstieg des Herzrisikos feststellen. Man kann also morgens ohne Probleme sein Frühstücksei genießen. 

Eier sind übrigens nicht nur äußerst nahrhaft und gute Eiweißlieferanten. Sie enthalten auch Spitzenwerte an einem Stoff namens Cholin. Das Cholin spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel der Leber. Ohne Cholin können keine Lipoproteine gebildet werden, welche überschüssiges Fett aus der Leber abtransportieren. Daher schützt uns Cholin aktiv vor einer Leberverfettung.

Die großen Sieben

Letzten Endes geht es um die Frage, wie wir uns effektiv vor Gefäß- und Herzkrankheiten schützen können. Die American Heart Association hat die großen sieben Hauptursachen für Herzkreislauferkrankungen definiert. Wer sein Risiko minimieren möchte, sollte folgende Dinge vermeiden (was übrigens nur 3 % der Bevölkerung in westlichen Ländern hinbekommen):

  1. Zigarettenrauchen
  2. Schlechte Ernährung
  3. Bewegungsmangel
  4. Übergewicht
  5. Gestörte Blutfettwerte
  6. Hoher Blutzucker
  7. Bluthochdruck

Aus der Präventionsforschung wissen wir, dass man sein Krankheitsrisiko um ganze 80 % senken kann, indem man nicht raucht, sich gesund ernährt, für ausreichend Bewegung sorgt und ein normales Körpergewicht hält. Daher habe diese vier Punkte schon im letzten Teil der Kohlenhydratreihe (Gesund essen, gesund leben) ausführlich und mit vielen praktischen Tipps für dich ausgearbeitet.

Wenn du ein Vorbild für eine gesunde Ernährung und den richtigen Umgang mit Fetten haben möchtest, dann schaue dir die traditionelle mediterrane Ernährung an. Sie ist wissenschaftlich sehr gut untersucht und zählt zu den gesündesten Ernährungsweisen, die man auf der Welt finden kann. Daher wird sie auch besonders gerne von Kardiologen empfohlen.

Die mediterrane Ernährung ist alles andere als fettarm, denn ihr Fettanteil kann bei über 50 % liegen. Allerdings kommt der Großteil des Fettes aus gutem Olivenöl, sowie Nüssen, Fisch und Samen. Nimmt man noch die Avocado dazu, sind das genau die fettreichen Lebensmittel, die uns auch die Harvard School of Public Health empfiehlt.

Kohlenhydrate werden dagegen in Maßen aufgenommen und kommen vor allem aus Hülsenfrüchten (Bohnen, Linsen, Kichererbsen usw.). Dazu gibt es reichlich frisches Gemüse, Obst und Kräuter. Aber auch Fleisch, Wurst, Joghurt und Käse haben ihren Platz in der mediterranen Ernährung!

Auf der anderen Seite spielen raffinierte Kohlenhydrate und Zucker, sowie billige Industrieöle und hoch verarbeitete Fertigprodukte kaum eine Rolle. Das mag der wirklich entscheidende Faktor sein, denn damit geht man den meisten Problemen aus dem Weg, die tatsächlich Herzkreislauferkrankungen begünstigen (siehe letzter Artikel).

Die letzten drei Punkte auf der Liste muss man beim Hausarzt regelmäßig kontrollieren lassen. Bei den Blutfettwerten sollte uns vor allem das Verhältnis von LDL-Cholesterin (möglichst niedrig) und HDL-Cholesterin (möglichst hoch) interessieren. Außerdem ist ein hoher Triglyceridspiegel ein deutliches Alarmsignal.

Auch ein gestörter Blutzuckerspiegel ist auf Dauer extrem schädlich für unsere Blutgefäße. Die Ursache dafür ist in der Regel eine fortgeschrittene Insulinresistenz. Denn am Anfang reicht die Überproduktion von Insulin noch aus, um den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten. Erst wenn das nicht mehr klappt, wird auch der Blutzuckerspiegel auffällig. Dann befindet man sich praktisch schon auf der Schwelle zum Typ-2-Diabetes. Hier gilt es unbedingt die Ursachen herauszufinden (in der Regel eine Verfettung von Muskel- und Leberzellen) und ihnen durch gesunde Ernährung und einer Lebensstiländerung entgegen zu wirken.

Dadurch bekommen viele Menschen auch ihren Bluthochdruck wieder in den Griff, welcher ebenfalls durch einen überhöhten Insulinspiegel gefördert wird. Auch zu viel Salz in der Ernährung kann bei einigen sensitiven Menschen zu Problemen führen. Meistens stammt der Salzüberschuss aus zu vielen Fertigprodukten, Fast Food, sowie Back- und Teigwaren.

Zum Abschluss

Wenn du noch tiefer in das Thema Fett einsteigen möchtest, schau doch mal bei meinen Lesetipps vorbei. Ganz besonders kann ich dir das Buch “Mehr Fett!” von den deutschen Ernährungswissenschaftlern Ulrike Gonder und Dr. Nicolai Worm empfehlen. Letzteren hattest du schon im Radiobeitrag ganz am Anfang kennengelernt.

In dem Buch findest du auch viele Portraits zu weiteren Nahrungsfetten, die ich hier nicht ausführlich behandelt habe, wie zum Beispiel das Hanföl oder das Kokosfett. Außerdem werden die gesundheitlichen Zusammenhänge weiter vertieft und ausführlich erklärt.

Ein weiterer sehr guter Lesetipp rund um das Thema Fett und Gesundheit ist der neue Titel “Ran an das Fett” von Dr. med. Anne Fleck (bekannt aus dem TV-Format “Die Ernährungs-Docs”). Auch hier kannst du noch einmal alles ausführlich wiederholen und vertiefen, was wir in dieser Artikelreihe besprochen haben.

Im nächsten Artikel beginnen wir dann ein neues Thema und steigen in die Welt der Eiweiße ein. Ich vermittle dir zuerst wieder die wichtigsten Grundlagen. Danach schauen wir uns die Eiweißqualität von Lebensmitteln, sowie den Eiweißbedarf des Menschen genauer an. Zum Schluss geht es noch um das Klebereiweiß Gluten, das zur Zeit in aller Munde ist (oder auch nicht).

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